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Welche Bücher sind neu, was läuft im Kino, wie sieht die Festivalsaison aus und worüber diskutieren Kulturwelt und Kulturpolitik? Im Podcast SWR Kultur Aktuell widmen wir uns täglich den Nachrichten, mit Hintergründen, Gesprächen, Kritiken und Tipps. Damit Sie nichts Wichtiges mehr verpassen! Zur Sendung in der ARD Audiothek: https://www.ardaudiothek.de/sendung/swr2-kultur-aktuell/12779998/
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×Goldene Zeiten für Kritiker London im Jahr 1934. Es waren Zeiten, in denen man überzeugt war, dass es noch etwas zu entdecken gab und nicht jeder eh schon alles weiß. Zeiten, in denen die Kritiker Stellvertreter des Publikums waren, manchmal auch ihre Erzieher, aber ganz bestimmt nicht ihre Lakaien und Schmeichler. Kritiker waren gefürchtet, aber nicht weil sie Unrechtes taten, sondern weil ihr Urteil unparteiisch und gerecht war und deswegen manchmal hart und jedenfalls ehrlich. So ein Kritiker ist auch Jimmy Erskine. Seine Homosexualität wird für Jimmy plötzlich gefährlich Jimmy ist ein überaus mächtiger ebenso wie gefürchteter Theaterkritiker im London der 30er Jahre. Sein Wort kann Schauspieler vernichten oder sie in den Olymp des Theaterhimmels erheben. Er hat allerdings ein Geheimnis, und das ist seine Homosexualität. Wir erinnern uns: Im nachviktorianischen England des Jahres 1934 war Homosexualität noch geächtet und galt als Verbrechen. Was bisher Privatsache gewesen ist wird plötzlich für Jimmy gefährlich als der Verleger stirbt und sein Sohn die Zeitung erbt. Anand Tuckers Film hat viel mit der Gegenwart zu tun Die Sprache des neuen Verlegers ist die Sprache der Finanzhaie, der Kulturlosen, der Abwickler und Controller, die plötzlich Einzug hält in die Redaktion des Chronicle – und wer kennt diese Phänomene nicht aus unseren Zeiten, in den Kulturredaktionen gekürzt werden und Kultursparten aus dem Angebot der Medien verschwinden? Genau dieses Panorama zeichnet Anand Tuckers Film mit großer Genauigkeit und Liebe zum Detail und mit Bosheit an der richtigen Stelle. So ist dies ein Film der vielen Facetten, der zwar in den 1930er-Jahren spielt, aber enorm viel mit der Gegenwart zu tun hat. Zudem war dies – ähnlich wie unsere eigene – eine Epoche der Verunsicherung und Reaktion, in der - ebenfalls ähnlich wie heute – faschistische Horden manche Straße unsicher machten und ihre parlamentarischen Vertreter Stimmerfolge beim Wahlen erzielten. Der Film lebt vom Spiel der Darsteller, allen voran Gemma Arterton und Ian McKellen Die eigentliche Geschichte ist ziemlich schlicht, fast eine Boulevardkomödie. Sie lebt von den Einzelteilen und manchmal ist die Summe der Teile viel mehr als das Ganze. Sie lebt vom Spiel der Darsteller, allen voran Gemma Arterton und Ian McKellen. Es ist ein Film der 1000 kleinen Wahrheiten über das Schauspielen, über Kritiker und über Geschmacksstandards. Der Film ist auch eine Ode an eine Zeit, in der noch selbstverständlich geraucht und ebenso selbstverständlich getrunken wurde, auch schon am Mittag, in der man nicht auf seine Gesundheit achtete, sondern auf seinen Stil, seine Haltung und auf ironische Gelassenheit. Trailer „The Critic“, ab 13.3. im Kino…

1 Aiki Mira über ihr Hörspiel „Neongrau“: Die Macht der KI über das Leben 6:30
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Aiki Mira: „KI kriecht ganz nah an den Menschen heran“ Das Hörspiel über Hamburg im Jahr 2112 sei deshalb auch keine reine Dystopie. Dabei mutet die Situation katastrophal an: Hochwasser beherrscht die Stadt, und Künstliche Intelligenz beherrscht das Handeln vieler Menschen. Die Hauptfigur Kazumi muss herausfinden, wer sie wirklich ist. Ihr eigenes Leben nämlich lässt sich von der Rolle, die KI darin spielt, kaum noch trennen. Aiki Mira über diese Situation: „KI kriecht ganz nah an den Menschen heran, so dass sie auf den ersten Blick zum Freund wird.“ Dabei sei gar nicht ausgeschlosssen, dass KI auch ein „Freund sein“ könne. Mit KI lässt sich auch Widerstand leisten Das eigentliche Problem bestehe darin, KI zu vermenschlichen. Auch in ihrem Bekanntenkreis beobachtet Aiki Mira Menschen, die stundenlang mit einer KI sprechen, oft auch aus Einsamkeit. Das liege nahe, müsse man nicht sofort negativ bewerten. KI lasse sich aber auch im Widerstand gegen eine Welt einsetzen, die von kommerziellen Interessen und Konzernen geprägt werde. Auch davon erzählt „Neongrau“. Die Hörspielserie ist verfügbar in der ARD Audiothek.…

1 Linda Rachel Sabiers – Kleine Momente in der großen Stadt 4:09
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Einmal, berichtet uns die Erzählerin im Vorwort des Buches, habe sie in der U-Bahn eine Panikattacke bekommen. Um sie auszuhalten, versuchte sie sich vollkommen auf alles zu konzentrieren, was um sie herum passierte, und ihr Blick blieb an einer Frau hängen, die ihr schon zuvor aufgefallen war. So konnte sie sich selbst in Sicherheit bringen vor ihrer Angst. Dieses Schlüsselerlebnis ist der Grundstein meiner nunmehr zehn Jahre anhaltenden Beobachtungsreise. Eine Art Therapie, die mich – außer unzähligen Tassen Kaffee – nichts kostet. Von West nach Ost (Berlin) habe ich mich durch sämtliche Cappuccinos probiert. Mehr habe ich in den letzten zehn Jahren gefühlt nicht gemacht. Sitzen, Nippen, Beobachten, Tippen. Quelle: Linda Rachel Sabiers – Kleine Momente in der großen Stadt Die Lust an der Beobachtung Linda Rahel Sabiers beginnt also, Szenen der Großstadt zu notieren. Sie will nicht garantieren, dass sich alles wirklich so zugetragen hat, aber es klingt danach. Sie will weder werten, noch urteilen. Sie will vielleicht noch am ehesten so etwas sein wie ein „stummer Spiegel“. „Tagebuch der Großstadt – ohne Schloss und Schlüssel“ nennt sie ihre Sammlung für sich selbst. Entstanden sind dabei kleine Geschichten, Anekdoten, Dialogsprengsel aus dem Alltag in der großen Stadt, hauptsächlich Berlin. Ein paar wenige Szenen spielen auch in Köln. Auffallend an Sabiers Miniaturen ist auch, dass kein Wort zu viel geschrieben ist. Was einen sofort einnimmt, sind die vielen unterschiedlichen Menschen und Lebensalter, die uns erzählt werden, vom kleinsten Kind, gerade der Sprache mächtig, bis zum alten Stadtbewohner, alle kommen vor. Und ich schicke es voraus: Das ist ein Buch (wenigstens) für alle Berliner Freunde und Berlin-Freunde, die Bücher an einem Örtchen liegen haben, wo sie manchmal auch nur ein bisschen alleine herumsitzen – und nicht Trübsal blasen wollen. Sie werden ihre Freude haben. Auf der Eingangstreppe des Gorki-Theaters sitzen ein Mann und eine Frau. Sie hält mit der einen Hand seine, in der anderen Hand ein Glas Rotwein. Er schluchzt, durch die offenen Flügeltüren hören wir den ersten Gong. „Ich sagte doch nur, dass du dir endlich mal deine Gefühle eingestehen sollst.“ „Mach ich doch.“ „Aber doch nicht jetzt.“ Quelle: Linda Rachel Sabiers – Kleine Momente in der großen Stadt Das existentielle Wehen im banalen Leben Das sind menschenkundige, freundliche und sehr genaue Beobachtungen, was sich auch in den kürzesten der etwa 200 Momente zeigt. Immer spürt man entweder die Freude an der Komik der Alltagssituation; die Freude an so etwas wie einem existentiellen Wehen im banalen Leben; die Freude, dem Auge zu folgen, dem Ohr. Und die Neugier auf Menschen. Oder genauer, das Interesse am Umgang der Menschen mit ihrem Leben, mit ihren Mitmenschen, mit der Welt. Schön daran ist, dass nicht gedeutet wird, nicht erklärt. Alles, was diese kleinen Geschichten erzählen, verstehen wir, weil wir sie lesen. Neben mir in der U-Bahn sitzen zwei Männer und unterhalten sich. „Warst du am Wochenende bei der Gaza-Solidaritätskundgebung?“ „Nee hab ich verpasst. Du?“ „Ja, aber es waren kaum Leute da. Und dieses eine Mädchen. Die bei der Merkel geweint hat. Die Durfte nichts sagen.(…) „Wer hat es verboten?“. „Bestimmt die Springer-Leute, ist doch alles in Judenhand. Die Polizei übrigens auch.“ „Sei leise. Nicht dass die uns hören!“ „Die Juden? Die sind doch reich.“ „Stimmt, ich hab noch nie einen Juden in der Bahn gesehen.“ Quelle: Linda Rachel Sabiers – Kleine Momente in der großen Stadt Wirklich lustig ist das nicht. Aber wenn Ressentiments gegen Minderheiten so ungeschützt und zweifelsfrei vorgetragen werden, freut man sich über die heimliche Zuhörerin, die sie möglichst laut weitererzählt!…
Die Suche nach dem perfekten, kleinsten Element Sie sehen aus wie kleine Iglus: weiße Halbkugeln, übersät mit Rastermustern, Netzen aus feinen Tuschestrichen. Der Architekturtheoretiker Helge Svenshon hat die 15 Modelle im Archiv der Ulmer HfG gefunden. Hergestellt von Studierenden des Dozenten und Architekten Herbert Ohl. Entwürfe für ein Kuppelkino, erklärt Helge Svenshon: „Eine Hemisphäre, in der man liegend im Kuppelzenit seine Filme genießt auf bequemen Stützen. Und für diese große Konstruktion - sie sollte 100 Meter Spannweite haben - hat er verschiedene Modelle bauen lassen, auf denen er auf komplizierte Art und Weise die Strukturen des Tragwerkes versucht hat, experimentell zu entwickeln.“ Strukturen: mal sind sie zusammengesetzt aus winzigen Dreiecken, mal aus ungleich großen Rechtecken. Die Suche nach dem perfekten, kleinsten Element: Typisch für die Architekturlehre an der Ulmer HfG, weiß die Architekturhistorikerin Chris Dähne: „Der Ansatz war zur Entwicklung von Architektur, die eben geometriebasiert gedacht worden ist und dann zu größeren komplexen Einheiten zusammengefügt worden ist.“ Inge Scholl und Otl Aicher gründeten die HfG Ulm mit Schwerpunkt Gestaltung Neben künstlerisch-gestalterischen Fähigkeiten lernten die Architektur-Studierenden Disziplinen wie Kybernetik, mathematische Operationsanalyse und Wissenschaftstheorie. Rationalität als Gegenentwurf zur monumentalen Architektur der Nationalsozialisten. 1946 von Inge Scholl und Otl Aicher gegründet, verband die HfG ihre Fächer mit dem Bewusstsein gesellschaftspolitischer Verantwortung und Bildung. Der Schwerpunkt: Gestaltung. Vorangetrieben von einem berühmten Schweizer Bauhausschüler, wie Chris Dähne erklärt: „Max Bill, der die Abteilung Architektur und Stadtbau – so hieß sie damals – eingeführt hat, kam und der hat auch ehemalige Bauhauslehrer wie Helene Nonné-Schmidt oder Walter Peterhans hier nach Ulm geholt, sodass Arbeiten von damals fortgesetzt, aber auch verändert worden sind.“ Angefangen hat alles mit einem Zufallsfund Für die Studierenden war das eine Steilvorlage für ihre architektonischen Experimente. Modulare Sozialbauten zum Beispiel, oder ein Einkaufszentrum mit Drive-In. Architekturhistorikerin Chris Dähne hat sie alle gesichtet. Angefangen hat alles mit einem Zufallsfund. In einer amerikanischen Fachzeitschrift stößt sie auf eine Zeichnung. Und ist fasziniert, weil „...Bewegungen von Personen im Raum in eine Zeichnung übersetzt worden sind in Form von Linien und Punkten und eben auch Buchstaben und Zahlen. Also Raum wurde zerlegt in einzelne Komponenten, die was Bewegtes, was Prozesshaftes zeigen sollten.“ Modulare und ökologisches Bauen – ein Impuls für die Architektur heute? Ganz neue Möglichkeiten im Vergleich zu bisher üblichen zwei- oder dreidimensionalen Darstellungen von Grundrissen. Ein Literaturvermerk gibt Dähne den entscheidenden Hinweis: Die Zeichnungen dieser sogenannten Zirkulationsgrafen stammen von HfG-Studierenden. Dähne fährt nach Ulm und stöbert über zweieinhalb Jahre im Archiv. Und konzipiert die Ausstellung, zusammen mit dem Kurator Helge Svenshon. Vielleicht ist die Ausstellung „Programmierte Hoffnung – Architekturexperimente an der HfG“ ja auch ein Impuls für die Architektur heute und ihre Herausforderungen: modulares und ökologisches Bauen aufgrund von gesellschaftlichen Veränderungen und dem Klimawandel.…

1 Jens Krauers Street Photography: Standbilder des Menschseins 3:52
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Die sogenannte Street Photography ist ein sehr spezielles Genre der Fotografie: Für manche ist sie ein vergnügliches Hobby, bei dem es darauf ankommt, einen besonderen Schnappschuss einzufangen. Einige ihrer Vertreter entwickeln jedoch ein künstlerisches Werk mit eigener Handschrift. Zu ihnen gehört Jens Krauer. Er hat letztes Jahr ein Bildband veröffentlicht und zeigt nun seine Bilder in der Ausstellung „Urban City Stories: Street Reflections“ in der vhs photogalerie in Stuttgart. Fotografieren ohne Ablenkungen Der Fotograf aus Zürich findet seine Motive ausschließlich auf den Straßen. Für ihn muten sie wie ein unterschätztes Theater an: „Die Welt und die Straße sind eine Bühne. Und wir, wir schauen oft ganz bewusst nicht hin.“ Seine künstlerische Karriere begann als Sprayer, danach arbeitete er zunächst als kommerzieller Fotograf. Vor zehn Jahren entschied Krauer dann, sich der Street Photography zu widmen. Seine Kunstprojekte finanziert er dabei mit Auftragsarbeiten. Sobald er es sich leisten kann, erzählt Krauer, gehe er beispielsweise zwei Monate nach New York. Vom Aufstehen bis zum Schlafengehen bestehe der Tag dann nur aus Fotografieren, ohne Ablenkung. Mindestens sechs Monate im Jahr verbringe er so mit Fotografieren. Porträtfotografie im Strom der Metropolen Neben New York haben seine Streifzüge ihn bereits durch die Straßen von Istanbul, Hongkong, Nizza, Kiew und Amsterdam geführt. Dabei hat er einen sehr klaren Stil entwickelt: Im Strom der Metropolen konzentriert sich Krauer ganz auf Schwarz-Weiß-Porträts. Auf seinen Bildern begegnen einem Bettler und Pelzträger, Wachleute und Passanten. Menschen, die weinen, lachen, schlafen. Einige sind kostümiert und auffällig, andere wirken ganz unscheinbar. Der Anonymität des Urbanen begegnet Krauer dabei aus wenigen Metern Distanz. Den Abgebildeten kommt die Kamera geradezu unverschämt nahe. Wie also können diese Bilder entstehen, ohne übergriffig zu werden? „Ich versuche, mich in das Umfeld zu integrieren. Die Menschen sehen mich auch, die wissen, dass ich da bin. Und der Augenkontakt entsteht dann, indem sie mich mustern und ich nicht sie“, erklärt Krauer. Alle Reaktionen hat er schon erlebt Krauer zielt auf die unverstellte Präsenz seines Gegenüber. Deshalb spricht er nie mit jemandem, bevor er ein Foto schießt. Sobald die Aufnahme dann gemacht ist, kommt es zum Gespräch. „Man unterhält sich, man erklärt sich, man ist sich vielleicht nicht einig, aber man ist so auf Augenhöhe und hat sich ausgetauscht“, sagt Krauer. Alle Reaktionen habe er schon erlebt: Einige wollen das Bild zugeschickt bekommen, andere schreien ihn an. Wenn die Fotografierten den Bildern nicht zustimmen, löscht er sie. „Es hat gar nicht so viel damit zu tun, dass man auf jemandem losgeht dessen Bild stiehlt und dann wieder geht“, betont Krauer. Das Fotografieren werde vielmehr zu einem psychologischen Spiel um Koexistenz im geteilten Raum. Rückschläge seien dabei die Regel, berichtet Krauer freimütig. Nach seinen Schätzungen hat er im Lauf der Jahre hunderttausende Bilder belichtet – das meiste davon musste er jedoch aussortieren. „Ich mache ganz viele schlechte Bilder. Die zeige ich einfach nicht! “ Im Schnitt seien nur zwanzig von tausend Bildern gut genug. Zwischen Dokumentation und Theatralik Was in Bildbänden und Ausstellungen übrig bleibt, ist ein hoch konzentriertes Destillat. Es sind Dokumente des Alltäglichen, die ohne erklärenden Text auftreten und dennoch einen historischen Mehrwert bieten: „Wenn wir in 50 Jahren zurückschauen, ist es interessant zu sehen: Wer sind wir heute? Wie haben wir früher existiert? “ Das Schwarz-Weiß und der hohe Kontrast haben dabei gleichzeitig einen theatralischen Effekt, in der sich vielleicht auch eine düstere Qualität erkennen lässt. Krauers Bilder wirken damit wie symbolische Standbilder aus dem Schauspiel des Menschseins.…

1 Update für das Online-Migrationsmuseum: Zeitzeuginnen aus der Ukraine neu hinzugekommen 3:41
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Flucht aus der Zentralukraine nach Ingelheim Marharyta ist zwölf, als sie mit ihrer Mutter aus ihrer Heimat Tscherkassy, einer Universitätsstadt in der Zentralukraine, vor dem Krieg flieht. Im Online-Migrationsmuseum „Lebenswege“ erzählt sie von dieser Flucht über die polnische Grenze, zu der sie 20 Kilometer zu Fuß gehen, um nicht tagelange mit dem Auto vor der Grenze warten zu müssen. Nach einer strapaziösen Reise und mehreren Zwischenstationen kommen sie schließlich in Ingelheim an. Die beiden haben Glück: Die ersten eineinhalb Jahre können sie in der Souterrainwohnung einer gastfreundlichen Familie wohnen. Und schon bald nach ihrer Ankunft besucht Marharyta das Gymnasium, zumindest in einigen Fächern. Sie erzählt, dass sie in ihrer Klasse am Unterricht in Mathe, Englisch und Kunst teilnahm, Fächer, bei denen sie ohne deutsche Sprachkenntnisse mitmachen konnte. Daneben besuchte sie einen Deutschkurs: „Zwölf Stunden in der Woche, also es war wirklich viel.“ Mittlerweile fühlt sich Marharyta in Rheinhessen zuhause – auch weil die 15-Jährige, die in der Ukraine akrobatische Leistungsturnerin war, hier im Sportverein Tanzunterricht geben darf. Migrantinnen und Migranten ein Gesicht geben Fünf Zeitzeugenporträts von Ukrainerinnen bilden das Herzstück der neuen Ausstellung im Online-Migrationsmuseum „Lebenswege“. Das Ziel des Portals: Mit Oral History exemplarische Einzelschicksale von Migrantinnen und Migranten in Rheinland-Pfalz erzählen, um ihnen ein Gesicht geben. Mit Filmclips, privaten Fotos, Karten, auch landeskundlichen Infos sind seit dem Start im Jahr 2009 rund 30 Kurzbiografien zusammengekommen: vom italienischen Gastarbeiter oder der türkischen Gastarbeiterin über Geflüchtete aus Syrien bis hin zu vietnamesischen Boatpeople. Aus Angst vor Russland erzählen nur wenige Geflüchtete ihre Geschichte Anders als bei ihnen war es nicht einfach, Interviewpartner aus der Ukraine zu finden, sagt Marius Wendling, Referatsleiter im rheinland-pfälzischen Integrationsministerium. Das liege nicht nur daran, dass das traumatische Erlebnis der Flucht immer noch sehr präsent sei für die Menschen. „Dann muss man einfach sagen, leben wir leider in einem Umfeld, bei dem Russland nach wie vor Leute bedroht, die sich für die Ukraine aussprechen, deswegen gab es dann teilweise auch Angstgefühle.“ So erklärt sich, weshalb bisher nur drei im Kontext des Krieges Geflüchtete ihre Geschichte auf dem Online-Portal erzählen wollten. Integration braucht Menschen, die Brücken bauen Darunter ist die Künstlerin Klementyna Hokun, die mittlerweile in Mainz Jugendlichen Kunstunterricht gibt. Auch die Ärztin Yuliia Kolysnik berichtet von ihrer Flucht – und von dem Weg, der vor ihr liegt, um in Deutschland wieder in ihrem Beruf arbeiten zu können. Das Online-Migrationsmuseum porträtiert aber auch Ukrainerinnen, die schon seit Jahrzehnten in Deutschland leben und die mit Beratung und Sprachkursen effektive Hilfe leisten. Denn, das macht die Ausstellung deutlich: eine gelungene Integration braucht ein gutes Netzwerk und Menschen, die Brücken bauen.…

1 Claudia Roth: „Bei CDU/CSU und SPD kommt Kultur bislang nicht vor“ 8:07
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Die scheidende Kulturstaatsministerin Claudia Roth von den Grünen kritisiert den bislang geringen Stellenwert von Kultur in den Koalitionsverhandlungen von Union und SPD. „Ich fand es schon bemerkenswert, dass in dem Sondierungspapier von CDU/CSU und SPD nicht ein einziges Mal Kunst und Kultur überhaupt vorkommen“, sagte Roth in SWR Kultur. Claudia Roth: Mit Kultur in die Demokratie investieren Eine solche Haltung könne sich die Gesellschaft nicht leisten. Die Förderung insbesondere der freien Szene und unbequemer Projekte sei „eine Investition in die Demokratie und eine Investition in die Resilienz unserer Demokratie gegen die Demokratie-Feinde.“ Dabei müsse auch die Erinnerungskultur einer Einwanderungsgesellschaft abgebildet werden. Im Wahlprogramm der CDU sei stattdessen wieder der Begriff der „Leitkultur“ aufgetaucht. Claudia Roth: „Ich wünsche mir sehr, dass wir jetzt nicht zu dieser Mottenkisten-Nummer zurückkehren.“ Der Begriff teile Kultur in verschiedene Klassen ein. Darum könne es nicht gehen. Kulturpass aus Sicht von Claudia Roth ein Erfolgsprojekt Als wichtige Errungenschaft ihrer Amtszeit bezeichnete Claudia Roth den Kulturpass. Er habe sich als erfolgreiches Instrument erwiesen, um Kulturveranstalter mit den Nutzerinnen und Nutzern zusammenzubringen. 1,6 Millionen Bücher seien in eineinhalb Jahren allein aufgrund des Kulturpasses über die Ladentheke gegangen. Auch Kinos, Theater und die freie Szene hätten davon profitiert.…

1 Mit Lyrik gegen rechts: „Gespräche über Bäume. Gedichte zur Demokratie“ 5:59
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300 Gedichte von 120 Autorinnen und Autoren – das war das Ergebnis eines Aufrufs der Tübinger Verleger Hubert Klöpfer und des Lyrikers und Theologen Thomas Weiß aus Baden-Baden. Die Idee war, in den aktuellen Zeiten an die Demokratie zu erinnern. 70 dieser Gedichte wurden ausgewählt und erscheinen am 12. März 2025 als Sammelband. SWR Redakteurin Kerstin Bachtler war Teil in der Jury, die die Auswahl getroffen hat. In SWR Kultur spricht sie unter anderem über ein Gedicht von Heidi Jahnke, das auf den ersten Blick von Bäumen handele – auf den zweiten aber eindeutig um Ausländerhass, die Migrationsdebatte und die bedrohte Demokratie.…
Manchmal wird der Riss, der durch eine Familie geht, an einer Wetterkarte deutlich: So erscheinen auf der Karte des russischen Wetterberichts, den Dmitrij Kapitelmans Mutter verfolgt, auch eingenommene ukrainische Orte: Für Russisch-Donezk etwa werden drei Grad und Schneeregen vorausgesagt. Während die Mutter regelmäßig das russische Propaganda-Fernsehen verfolgt und ebenso regelmäßig auf die Ukraine schimpft, denkt ihr Sohn an die Freunde und Bekannten in Kyjiw, die seit dem Beginn des Krieges um ihr Leben fürchten müssen. Denn einst hat die gesamte Familie in der ukrainischen Hauptstadt gelebt, bis sie in den 1990er Jahren nach Deutschland gezogen ist. Mit dem russischen Staat, so hält Kapitelman fest, verbindet die Mutter neben den Sendungen im Fernsehen nur die Sprache: Geboren wurde sie in Sibirien, doch mit drei Jahren brachte Großmutter ihr Töchterchen ins wärmere Moldawien – die kleine Lara vertrug die russische Kälte nicht. Ihr russischer Vater war da schon über alle Berge und ließ die beiden zurück. In Moldawien wuchs meine Mutter zur Frau heran. Und diese Frau beschloss, einmal volljährig, in das große Kyjiw zu gehen. Quelle: Dmitrij Kapitelman – Russische Spezialitäten Leben im Angesicht des russischen Angriffskriegs In seinem neuen Roman erzählt Dmitrij Kapitelman davon, wie das eigene Leben im Angesicht des russischen Angriffskriegs ins Wanken gerät und auch die alltäglichsten Dinge politisiert werden. Das betrifft vor allem die Sprache, denn Kapitelman spricht neben Deutsch vor allem Russisch. Während die Mutter in der Fernseh-Propaganda versinkt, versucht Kapitelman jeden Tag etwas russische Literatur zu lesen, um die Sprache auch in einem anderen Zusammenhang zu erleben. Gleichzeitig ringt er auch ganz praktisch mit der Sprache. Wenn er im Ladengeschäft seiner Eltern aushilft, das den Namen „Russische Spezialitäten“ trägt, wollen ihm die rechten Wörter nicht immer einfallen: Wobei nichts davon so sehr wehtut, wie wenn mir die russischen Wörter fehlen, um Mama und Papa mitzuteilen, was ich fühle. Und wenn die Wörter mal fehlen, dann nehmen diese fehlenden Wörter so unglaublich viel Platz in einem weg. Mein Kopf, meine Augen, mein Mund, meine Kehle, meine Brust, mein Herz – alles ist plötzlich voll mit fehlenden Wörtern. Als würden die fehlenden Wörter in einem anschwellen. Ich halte mich daher ständig bereit, so zu tun, als wäre alles, was ich auf Russisch sage, ein Witz gewesen. Quelle: Dmitrij Kapitelman – Russische Spezialitäten Zusammenbruch der Sowjetunion In dem Versuch, seine Eltern und das Auseinanderdriften der jeweiligen Ansichten zu verstehen, blickt Kapitelman zurück auf die Zeit nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion: Er hält die Freude über die neu erlangte Unabhängigkeit in Kyjiw ebenso fest wie den Alltag in Ostdeutschland. Im Roman zeigen sich die vergangenen Jahrzehnte dabei als eine Zeit fortwährender Veränderung, die in einer allgemeinen Verunsicherung und dem Erstarken der politischen Rechten münden. Alltag zwischen Normalität und Luftangriffen Im letzten Drittel folgt dann ein harter Schnitt in die Jetzt-Zeit: Kapitelman beschließt, selbst in die Ukraine zu fahren, und beschreibt den Alltag in Kyjiw zwischen Normalität und fortwährenden Luftangriffen. Mit der russischen Sprache fühlt er sich auch dort unwohl. Und auch die Frage eines Kindheitsfreundes, auf welcher Seite er stehe, bringt ihn ins Straucheln: Der Seite, die von der großen Gewalt bedroht ist, würde ich am liebsten sagen. Rostik von den Neo-Landtagen der neuen Nazis erzählen, und auch von den sogenannten Christdemokraten, die ihre größten Wahlhelfer sind. Von den gerissenen Wagenknechts, die stückchenweise russischen Autoritarismus importieren und sehr profitabel an die Deutschen weiterverkaufen. Quelle: Dmitrij Kapitelman – Russische Spezialitäten Auch in seinem neuen Roman spielt Dmitrij Kapitelman seine Stärken als Journalist und Autor aus: Er beobachtet, ordnet ein und erzählt einfach mitreißend. „Russische Spezialitäten“ überzeugt als kluger Blick auf die derzeitige Weltlage. Denn Dimitrij Kapitelman setzt vermeintlichen Gewissheiten die eigene Erfahrung und Empathie entgegen – und unserer mitunter trostlosen Gegenwart eine Menge Witz.…

1 Junges Ensemble Stuttgart eröffnet "Büro für angemessene Reaktionen" 7:12
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Abwägen, angemessen auf etwas reagieren, rational handeln: Das traut man vor allem Erwachsenen zu. „Aber es gibt ganz viele Bereiche im Alltag, wo es wichtig wäre, mehr Kinder und Jugendliche zu fragen“, sagt Frederic Lilje vom Jungen Ensemble Stuttgart (JES). Mit dem „Büro für angemessene Reaktionen“ macht das Ensemble genau das. Kinder beraten bei Alltagskrisen In Stuttgart beraten 8- bis 15-Jährige bei Alltagskrisen. Kundinnen und Kunden des Büros sind vor allem Erwachsene, die dann einem 8-Jährigen ihre Situation schildern müssen und dabei viel über sich selbst lernen können, berichtet Lilje: „Da steckt ganz viel Potenzial drin.“ Und trotz des ungewöhnlichen Rahmens auch viel Theater: „Wir erfinden ein Büro. Aber alles, was dort passiert, ist real. Das ist das, was Theater kann, dass wir eine Behauptung kreieren, die Einfluss auf die Realität nimmt.“…

1 Neues Buch von Ole Nymoen: Warum ich niemals für mein Land kämpfen würde 6:03
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Er kritisiert die Umdeutung der Verteidigungsfähigkeit zur „Kriegstüchtigkeit“ und hinterfragt die Bereitschaft des Staates, junge Männer in den Krieg zu schicken. Nymoen sagt im Gespräch mit SWR Kultur: „Die Behauptung, das Sicherheitsinteresse eines Staates falle notwendigerweise mit dem seiner Untertanen zusammen, erscheint geradezu absurd.“ Kriegsdienstverweigerung als Akt der Humanität und des Protests Nymoen, Jahrgang 1998, weist darauf hin, dass es oft junge Männer wie er selbst seien, die im Kriegsfall gezwungen werden, ihr Leben zu riskieren. Ob sie wollen oder nicht. Dabei stellt er die Frage: „Wer bestimmt eigentlich über den ‚Waffengang‘? Ist es wirklich der demos , das Volk?“ Nymoen sieht in der Verweigerung des Kriegsdienstes nicht nur eine individuelle Entscheidung, sondern „einen Akt der Humanität und des Protests für mehr kollektive Selbstbestimmung.“ Mit seinem Buch liefert der Autor ein Plädoyer gegen den Kriegseinsatz. Er fordert dazu auf, die Rolle des Einzelnen im Staat kritisch zu hinterfragen und sich nicht blindlings der Kriegsrhetorik hinzugeben. Nymoen appelliert: „Nicht kämpfen zu wollen für einen Staat, das ist vor diesem Hintergrund mehr als nur eine individuelle Verweigerung.“…

1 AfD auf dem Vormarsch: Wie bedroht sind Kunst- und Kulturarbeit? 5:26
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Bei den Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen konnte die Alternative für Deutschland (AfD) 2024 deutliche Zugewinne erzielen, ebenso bei der Bundestagswahl im Februar 2025. Das Erstarken der extremen Rechten beschäftigt auch den Kulturbetrieb, gerade im Osten der Bundesrepublik. Zwar habe sich akut nichts verändert, erklärt Hasko Weber, Generalintendant des Weimarer Nationaltheaters, doch die Gesellschaft bewege sich in die Richtung, die die Wahlergebnisse aufzeigen: Ein Querschnitt der Bevölkerung wäre bereit, radikale Veränderungen in Kauf zu nehmen, so Weber im Gespräch mit SWR Kultur. Theater als Begegnungsstätte in Zeiten gesellschaftlicher Spaltung „Das Theater ist zuallererst eine Einladung“, räsoniert Hasko Weber. Diese gelte für alle unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder politischer Ansicht. Er als Intendant könne mit dem Programm sprechen: Jede Produktion seines Hauses begreife er als Angebot: Wenn sich die Leute miteinander erfreuten, habe man bereits eine Brücke geschlagen. Auf institutioneller Ebene sollte vorsichtig umgegangen werden mit der Tendenz zur Ideologisierung, fordert Weber. Dies betreffe alle Seiten des politischen Spektrums. Hasko Weber gehört neben Petra Olschowski, Landesministerin für Wissenschaft und Kunst, Sängerin und Dozentin Fola Dada und Andreas Kämpf, dem Vorsitzenden der Landesarbeitsgemeinschaft der Kulturinitiativen und Soziokulturellen Zentren in Baden-Württemberg e.V., zu den Teilnehmenden einer Podiumsdiskussion des Netzwerks Stuttgart gegen Rechts , die am Montag, dem 10. März 2025 am Renitenztheater Stuttgart stattfinden wird.…

1 Opernkritik – Franz Schrekers „Der Schmied von Gent“ in Mannheim: Entdeckenswert und musikalisch exzellent 3:41
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Gent liegt in belgisch Kongo Für seine letzte Oper „Der Schmied von Gent“ verwendet Franz Schreker erstmals eine literarische Vorlage: ein Märchen des belgischen Autoren Charles de Coster. Diese Geschichte über einen listenreichen Handwerker im Zeitalter der spanischen Unterdrückung kann man als Anspielung auf die Lage des jüdischen Komponisten vor der wachsenden Gefahr der nationalsozialistischen Diktatur verstehen. Regisseur Ersan Mondtag geht mit seiner Inszenierung am Nationaltheater Mannheim einen Schritt weiter in Richtung zeithistorischer Zusammenhänge. Für ihn ist dieses Gent zum Ort des mörderischen Kolonialismus im Kongo geworden. Das macht schon die jeden Akt einleitende Geräuschkulisse einer afrikanischen Nacht klar. Trailer zu „Der Schmied von Gent“ Ein Pakt mit den bösen Mächten Auf der von Mondtag gestalteten Drehbühne ist die Schmiede ein importiertes Butzenscheibenbelgien mit Türmchen, Erker und Balkon, dahinter eine Höllenfassade mit einer riesigen Teufelsmaske. Als die Herren seine Schmiede zumachen, weil er mit den Unterdrückten sympathisiert, schließt der Schmied Smee einen Pakt mit den bösen Mächten und wird reich. Seine Schuld will er nicht begleichen, trickst die Teufel aus und gelangt am Ende mit der Hilfe des heiligen Josefs und seiner eigenen Frau ins Paradies. Belgische Kolonialgeschichte trifft auf Afrika Den märchenhaften Kontext überschreibt Mondtag mit der belgischen Kolonialgeschichte. Die originellen Kostüme von Josa Marx sind in afrikanischer Farbigkeit gestaltet. Es gibt Feldgrau für die Schmiedegesellen und ornamentale Exotik für das Volk. Smee stolziert in einer Paradeuniform umher und macht Geschäfte mit seinen Gegnern, die die Gewehre ihres Befreiungskampfes in die Schmiede schleppen und lässt sich auf den Thronsessel setzen. Als er nach langen Jahren stirbt, hat er sich mit weißem Bart und Uniform in den auferstandenen Leopold II. verwandelt, den belgischen Kolonialkönig des Zeitalters der Vorlage von de Costers. Das Paradies ist ein Museum mit kongolesischer Kunst, die Unabhängigkeitsrede Patrice Lumumbas ist zu hören. Viel historisches Vorwissen erforderlich So bitterbös das alles ist, Ersan Mondtag inszeniert ein überdimensionales Puppentheater mit viel Spektakel. Das passt zu Schrekers Stilpluralismus, mal im Volkston gehalten, aber auch mit vertrackten Kontrapunkten und herben Saxofonklängen. Das Xylophon klappert wie ein Teufelsgerippe. Da ist vieles collagehaft geschichtet und dafür findet die Inszenierung die Entsprechung in einem überbordenden Theater, das politisch, kritisch und fantastisch zugleich sein will. Der kleine Haken: Man muss schon viel Kenntnis haben über den belgischen Kolonialismus, um den Anspielungsreichtum zu verstehen. Manches knirscht auch zwischen den Zeilen. Musikalische Exzellenz Der listenreiche Smee ist schon bei Schreker eine zwiespältige Figur. Joachim Goltz ist großartig in seiner Spielfreude, mit einem prächtig klangschönen Bariton und wunderbar textverständlich. Überhaupt ist die Aufführung musikalisch exzellent. Die Ensemblekräfte für die zahlreichen Rollen sind absolut zu bewundern. Großartig homogen singen zum Beispiel Christopher Diffey als Smees Gegner Slimbroek oder die verführerische Seunghee Kho als Dämonin Astarte. Der Chor ist exzellent. Und wie Dirigent Jānis Liepiņš mit dem Orchester des Nationaltheaters den Stilpluralismus, die kontrapunktische Konstruktion durchleuchtet und am Ende üppigen Klangrausch produziert, ist brillant. Die Entdeckung von Schrekers später und selten gespielter Oper lohnt sich unbedingt.…

1 Aus der Zeit gefallen? „Drei Mal Leben“ von Yasmina Reza am Schauspiel Stuttgart 3:19
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Was passiert, wenn der Chef mit seiner Angetrauten einen Tag früher zum Abendessen kommt, als eigentlich erwartet? In diese unangenehme Situation schlittern die Karrierefrau Sonia und ihr Mann Henri. Der Astrophysiker in gemütlichen Cordhosen steht enorm unter Druck, weil er endlich eine wissenschaftliche Arbeit veröffentlichen muss. Kaum nimmt der Besuch Platz, plärrt auch schon der sechsjährige Sohn aus dem Kinderzimmer nach Fingers, seinen Lieblingskeksen. Und schon ist man mittendrin im Kosmos der Yasmina Reza Stücke. Ines, die Frau von Henris Chefs, doziert im hellblauen Kostüm, wie man Kinder erzieht. Ihr Mann Hubert, Typ arroganter Anzugträger, versetzt Henri einen Nackenschlag. Er konfrontiert ihn mit der vernichtenden Nachricht, dass andere Wissenschaftler ihm mit einer wissenschaftlichen Veröffentlichung gerade zuvorgekommen sind. Tiefschürfende Diskussionen zwischen Weißwein und Gebäck Zwischen Fingers und viel Weißwein gibt es dann witzige Dialoge auch über die philosophischen Aspekte der Physik: Wie die Welt begreifen, wie sie ist? Wie den Abstand aufheben, zwischen Wirklichkeit und Vorstellung? Den Abstand zwischen Gegenstand und Wort? Wie heißt das da? Fingers, ausgezeichnet ... Wie grosso modo die Welt denken, ohne da zu sein, um sie zu denken? – Ein Paradoxon. Umso tragischer als die totale Objektivierung das große Ziel des Wissenschaftsbetriebs ist. Quelle: Gespräch zwischen Henri und Hubert in „Drei Mal Leben“ von Yasmina Reza Versuch, den 25 Jahre alten Stoff zu aktualisieren Die drei unterschiedlichen Versionen über Eitelkeiten, Lebenslügen, Paarprobleme und stagnierende Karrieren hat sich in Stuttgart der renommierte Regisseur Andreas Kriegenburg vorgenommen – ein Mann für große Stoffe. Der versucht, dem 25 Jahre alten Stück frischen Wind einzuhauchen. Von furios witzig bis nachdenklich geprägt fallen die drei Versionen des Abends aus – allerdings mit einigen Längen. Es bleibt unklar, zu welcher Zeit das Stück letztlich spielt. Denn zwischen den drei Versionen erscheint altmodisch schwarzgekleidetes Dienstpersonal in Spitzenhäubchen und schwarzen Anzügen. Zu französischer Musik wischen die dienstbaren Geister schnell die Bühne, damit es weitergehen kann. Auf die Sofas dirigieren sie anschließend die Schauspielerinnen und Schauspieler, die sich dabei, wie große Marionetten bewegen, um dann wie eingefroren auf den Neustart zu warten. Ist Yasmina Rezas Stück nach 25 Jahren noch aktuell? Vielleicht ist „Drei Mal Leben“ im Lauf von 25 Jahren im Gegensatz zu anderen Stücken von Yasmina Reza schlechter gealtert. Im bildungsbürgerlichen Milieu vermutet man heute andere Diskussionen, ausgelöst von den existenziellen aktuellen Krisen. Die spiegeln sich vor allem im genialen Bühnenbild, das ebenfalls von Andreas Kriegenburg stammt: Eine schräge Plattform, auf der das Ensemble ins Schlingern und Rutschen kommt und auch immer wieder herunterfällt. Die Welt ist in eine Schieflage geraten. Den Figuren von Reza gehe man zu jeder Zeit in die Falle, so heißt es im Programmheft zuversichtlich. Für manchen dürften hier ein paar Fragezeichen zurückbleiben.…

1 Neues Kunstmuseum Tübingen: Viele Promis sind zufällig auch erfolgreiche Maler 2:33
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Udo Lindenberg ist der große Star bei der Eröffnung des Neuen Kunstmuseums Tübingen. 200 seiner Likörbilder sind zum Auftakt in diesem neuen Kunsttempel zu sehen. Wilm Hüffer fragt sich in seiner Glosse: Wie kommt das eigentlich, dass viele Promis zufällig nebenbei auch große Maler sind? Ist das ein lukratives Bündnis von Kunst und Kommerz? Nein, wahrscheinlich ist das reiner Zufall. Egal ob Udo Lindenberg, Otto Waalkes, Dieter Nuhr, Dolly Buster, Sylvester Stallone oder Wladimir Putin: Vermutlich sind alle diese Hobby-Maler einfach sensationell talentiert ……
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